Widerruf eines Darlehens bei der DSL Bank erfolgreich. Keine Verwirkung durch Anschlussfinanzierung.

Andreas Will

In zweiter Instanz entschied das OLG Köln am 07.03.2018 (Az. 13 U 258/16) über den Widerruf eines Darlehens bei der DSL Bank (Postbank). Darlehensvertrag aus dem Jahr 2005, Anschlussfinanzierung in 2012. Die Widerrufsbelehrung aus der Anschlussfinanzierung (Forwarddarlehen) stellte keine  Nachbelehrung für die ursprüngliche Darlehensvereinbarung dar. Feststellungsklage zulässig. Keine Verwirkung. Der Streitwert orientiert sich an den Zins- und Tilgungsleistungen bis zum Widerruf.

 

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Hier das Urteil im Volltext, aus zeitlichen Gründen nicht besonders schön formatiert, aber dennoch verständlich und lesenswert.

 

13 U 258/16

2 0 372/15 Landgericht Bonn

OBERLANDESGERICHT KÖLN

In dem Rechtsstreit

1. des Herrn ...

2. der Frau ... Kläger und Berufungskläger ,

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte WNS Will + Partner, Mönckebergstr. 27 ,

20095 Hamburg

gegen

die Deutsche Postbank AG, ...

Beklagte und Berufungsbeklagte,

Prozessbevollmächtigte : Rechtsanwälte ...

hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 7. März 2018 .....für Recht erkannt:

1. Auf die Berufung der Kläger wird das am 10. Juni 2016 verkündete Urteil des Landgerichts Bonn - 2 0 372/15- abgeändert und wie folgt neu ge­ fasst:

Es wird festgestellt, dass die Beklagte gegen die Kläger in Bezug auf den Darlehensvertrag mit der Hauptdarlehensnummer ... über 155.000,00 EUR (ON...) seit dem Zugang der Widerrufserklärung keinen Anspruch mehr auf Leistung des Vertragszinses und die vertragsgemäße Tilgung hat.

2. Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Voll­ streckung Sicherheit in Höhe von 110 % leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

5. Der Streitwert wird auf b.is zu 95.000 € festgesetzt.

Gründe:

I. Die Parteien streiten um die Wirksamkeit des Widerrufs eines von den Klägern mit der Beklagten abgeschlossenen, grundpfandrechtlich besicherten Verbraucherdarlehensvertrages.

2 Das beklagte Kreditinstitut als Darlehensgeberin und die Kläger als Darlehensneh­mer und Verbraucher schlossen mit Darlehensvertrag vom ---2005 (Anlage K 1) unter der Hauptdarlehensnummer ... einen Wohnungsbaudarlehensvertrag über 155.000,00 € mit einem Zinssatz von nominal 4,33% p.a., einer Festzinsperiode bis zum 31. März 2015, einem Tilgungssatz von 1 % und monatlichen Raten in Höhe von 688,46 €. Bestandteil des Darlehensvertrages war die Widerrufsbelehrung, wie sie sich aus der Anlage K1, S. 5 des Vertrages ergibt. Es wurde eine Sicherung durch Bestellung einer Grundschuld vereinbart und die Kläger kamen dem nach. Die Beklagte brachte den Darlehensbetrag zur Auszahlung und nachfolgend erfüllten die Kläger die vereinbarte Ratenverpflichtung.

Mit "Änderungsvereinbarung zum Darlehensvertrag" vom 17. Februar 2012 (Anlage B4) vereinbarten die Parteien mit Wirkung vom 1. April 2015 unter Aufspaltung in die Unterkontennummern ... ein Forward-Darlehen mit einem Sollzinssatz von 3,86% bei monatlichen Raten a 763,49 € bzw. 4,05% bei monatlichen Raten a 206,60 € und einer Sollzinsbindung bis zum 31. März 2025. Mit Schreiben vom 2. März 2015 widerriefen die Kläger die Vertragserklärung mit • Fristsetzung zur Abrechnung bis zum 16. März 2015 (Anlage K2); hieran erinnerten die Kläger unter Fristsetzung bis zum 30. April 2015 (Anlage K3). Dem kam die Be­ klagte mit Schreiben vom 17. Juni 2015 nicht nach (Anlage K4). Mit anwaltlichem Schreiben vom 28. Juli 2015 forderten die Kläger die Beklagte erneut zur Anerken­ nung des Widerrufsrechts auf (Anlage K5). Mit Schreiben vom 17. August 2015 lehn­ te die Beklagte dies ab: Mit anwaltlichem Schreiben vom 18. September 2015 forder• ten die Kläger erneut zur Anerkennung der Rückabwicklung sowie zur Zahlung vor­ gerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.348,98 € auf (Anlage K7).

Das Landgericht hat die - auf Feststellung der Wirksamkeit des Widerrufs und in des­ sen Folge die Umwandlung des Vertragsverhältnisses in ein Rückgewährschuldver­ hältnis gerichtete - Klage abgewiesen. Zwar genüge die Widerrufsbelehrung weder der Muster-Widerrufsbelehrung der Anlage 2 zur BGB-InfoV noch den gesetzlichen Vorgaben der §§ 495, 355 BGB in der im Januar 2005 geltenden Fassung -Art. 229 § 22 Abs. 2 EGBGB. Indes hätten die Kläger ihr Widerrufsrecht verwirkt, weil sie über zehn Jahre seit Vorliegen der Widerrufsbelehrung hätten verstreichen lassen, bevor sie den Widerruf erklärt haben und die Beklagte aufgrund der Änderungsvereinba­ rung vom Februar 2012 über den Abschluss eines Forward-Darlehensvertrages mit Wirkung zum 1. April 2015 im März 2015 nicht mehr mit einem Widerruf des Darle­hensvertrages und einer sich daran knüpfenden Rückabwicklung dieser Verträge habe rechnen, sondern auf den Bestand des Vertrages habe vertrauen dürfen.

Die Kläger hätten dadurch unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, sich an den Dar­lehensvertrag weiter gebunden zu sehen. ln Bezug auf das Rechtsinstitut der Verwir­ kung sei dem Abschluss einer Anschlussfinanzierung die gleiche Bedeutung wie ei­ ner Ablösung beizumessen. ln beiden Fällen disponiere der Verbraucher über das Schicksal des Darlehensvertrages. Bei der Anschlussfinanzierung entscheide er sich im Gegensatz zur Ablösung jedoch zum Verbleib bei dem bisherigen Vertrags­ partner, obwohl er gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB bzw. nach Ablauf der Zinsbin­ dungsfrist die Möglichkeit habe, sich ohne weitere Kosten vom Vertrag zu lösen. Dass dem Verbraucher in diesem Fall kein neues Kapitalnutzungsrecht eingeräumt wird, sei ein für die rechtliche Einordnung als Darlehensvertrag wesentlicher Um­ stand, habe für den objektiv zu verstehenden Erklärungswert als Umstandsmoment im Rahmen der Verwirkung allerdings keine besondere Bedeutung. Das Landgericht hat angenommen, der Darlehensvertrag aus 2005 sei zum Zeitpunkt des Widerrufs bereits vollständig abgewickelt worden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil des Landgerichts verwiesen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung verfolgen die Kläger ihre Klage - nunmehr gerichtet auf die Feststellung, dass die Beklagte seit Zugang der Widerrufserklärung keinen Anspruch mehr auf Leistung des Vertragszin­ ses und die vertragsgemäße Tilgung hat- weiter.

Die Kläger beantragen sinngemäß,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Bonn vom 10. Juni 2016- 2 0 372/15 -festzustellen, dass die Beklagte gegen die Kläger in Bezug auf den Darlehensvertrag .mit der Hauptdarlehensnummer ... über 155.000,00 EUR seit dem Zugang der Widerrufserklärung keinen Anspruch mehr auf Leistung des Vertragszinses und die vertragsgemäße Tilgung hat.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Das Landgericht habe zu Unrecht die Widerrufsbelehrung als fehlerhaft bewertet. Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt sei nicht derjenige bei Abschluss des ursprüngli­ chen Darlehensvertrages im Januar 2005, sondern der in der Änderungsvereinba­ rung von Februar 2012. Diese Belehrung stelle eine ordnungsgemäße Nachbeleh­ rung dar mit der Folge, dass das 14-tägige Widerrufsrecht zum Zeitpunkt der Erklä­ rung des Widerrufs im März 2015 bereits abgelaufen gewesen sei. Im Übrigen habe das Landgericht jedoch zutreffend das Widerrufsrecht als verwirkt angesehen. Zudem stelle sich der Widerruf aufgrund des Abschlusses der Ände­ rungsvereinbarung als unzulässige Rechtsausübung dar, weil die Kläger sich durch den Widerruf von den neuen Vertragskonditionen lösen können, hingegen dies der Beklagten nicht möglich sei. II. Die zulässige Berufung der Kläger ist begründet.

1. Der zweitinstanzlich erhobene negative Feststellungsantrag der Kläger ist zulässig. Zwar könnten die Kläger ihre bislang erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen und die Nutzungsentschädigung errechnen, aber solange die Beklagte den Widerruf nicht akzeptiert und keine Gegenansprüche erhebt, besteht für die Kläger ein Rechtsschutzbedürfnis an der begehrten Feststellung, keine Zins- und Tilgungsleis- 5 tungen mehr aus dem Darlehensvertrag zu schulden (BGH, Urteil vom 16. Mai 2017 - XI ZR 586/15, Rn. 9 ff., 15 ff.).

2. Den Klägern stand aufgrund inhaltlich fehlerhafter Belehrung das Recht zu, den Darlehensvertrag zu widerrufen. a) Das Landgericht hat zutreffend festgestellt, dass die im Ursprungsvertrag von 2005 verwendete Widerrufsbelehrung aufgrund des Hinweises, die Frist für den Wi­ derruf beginne "frühestens mit Erhalt dieser Belehrung", nicht dem Deutlichkeitsge­ bot entsprach, weil der Verbraucher dadurch nicht in der Lage ist, den Fristbeginn ohne weiteres zu erkennen. Das Landgericht hat hierzu ausgeführt: Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine solche Be­ lehrung unzureichend, da sie den Verbraucher nicht eindeutig über den Beginn der Widerrufsfrist belehrt. Sie ist nicht umfassend, sondern irreführend. Die Verwendung des Wortes "frühestens" ermöglicht es dem Verbraucher nicht, den Fristbeginn ohne weiteres zu erkennen. Er vermag lediglich zu entnehmen, dass die Widerrufsfrist 'Jetzt oder später" beginnen, der Beginn des Fristablaufs also gegebenenfalls noch von weiteren Voraussetzungen abhängen soll. Der Verbrau­ cher wird jedoch im Unklaren gelassen, welche etwaigen - weiteren Umstände dies sind (vgl. BGH, Urteil vom 09.12.2009 - VIII ZR 219/08 -, juris; Urteil vom 01.03.2012- /II ZR 83111 -, juris; Urteil vom 28.06.2011- XI ZR 349110-, juris). Indem die Beklagte im ersten Satz der Widerrufsbelehrung anstelle der Muster­ Formulierung "Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen oh­ ne Angabe von Gründen in Textform (z. B. Brief, Fax, E-Mail) widerrufen" auf ei­ nen Widerruf "schriftlich oder in anderer lesbarer Form auf einem beständigen Datenträger (z.B. per Telefax oder per E-Mail)" hingewiesen hat, weicht die erfolg­ te Belehrung von dem Muster maßgeblich ab, sodass sich die Beklagte auch nicht die Gesetzlichkeitsfiktion gemäß § 14 Abs. 1 BGB-InfoV stützen kann. Es handelt sich nicht nur um eine sprachliche Glättung oder eine verbrauchergerechte Anpassung der Belehrung unter Berücksichtigung der Legaldefinition der Textform. Nach § 126b BGB a.F. muss bei Textform die Erklärung in einer Urkunde oder auf andere zur dauerhaften Wiedergabe in Schriftzeichen geeignete Weise abgegeben, die Person des Erklärenden genannt und der Abschluss der Erklärung durch Nachbildung der Namensunterschrift oder anders erkennbar gemacht werden. Dies gab die Beklagte äußerst verkürzt wider. Dieser Bewertung schließt sich der Senat an. b) Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt für die Frage der ordnungsgemäßen Wider­ rufsbelehrung ist entgegen der Ansicht der Beklagten der Abschluss der Ursprungs­ vereinbarung im Januar 2005. Durch die "Änderungsvereinbarung zum Darlehensvertrag" vom 17. Februar 2012 in ein "Forward-Darlehen" haben die Parteien nur den Sollzinssatz und die Sollzinsbin­ dung (bis zum 31. März 2025) geändert. Erfolgt lediglich eineVertragsänderung, weil bei fortlaufendem Kapitalnutzungsrecht des Darlehensnehmers nur die Kreditbedin­ gungen angepasst werden, lässt diese Änderung den ursprünglichen Vertrag unbe­ rührt (BGH, Urteil vom 15. November 2004 - II ZR 375/02). Das ist auch bei einer zeitlich vorgezogenen Neuregelung des Zins- und Tilgungsanteils der Darlehensra­ ten der Fall, wenn dem Darlehensnehmer damit kein neues Kapitalnutzungsrecht eingeräumt wird (sog. Forward-Darlehen, vgl. BGH, Beschluss vom 7. Juni 2016- XI ZR 385/15). Bei Zugrundelegung dieser Kriterien handelt es sich bei der hier geschlossenen ,Än­ derungsvereinbarung zum Darlehensvertrag" - entsprechend der Bezeichnung -, nicht um einen neuen, selbstständigen Vertrag, der denjenigen aus 2005 ablösen sollte, sondern um die Weiterführung des ursprünglichen Darlehensvertrages. Ein neuer Verbraucherdarlehensvertrag, der zugleich ein neues Widerrufsrecht begrün­ det hätte, wurde damit nicht geschlossen (BGH, Urteil vom 28. Mai 2013 - XI ZR 6/12, Rn. 23 m.w.N.). c) Daher kann dahin stehen, ob die in der Änderungsvereinbarung enthaltene erneu­ te Widerrufsbelehrung den gesetzlichen Anforderungen entspricht. Auf deren inhaltli­ che Richtigkeit kommt es nicht an, weil durch die Vertragsänderung die Fehlerhaf­ tigkeit der ursprünglichen Widerrufsbelehrung nicht berührt wird. Die Beklagte hat die Kläger im Rahmen der Änderungsvereinbarung auch nicht nachbelehrt, d.h. unter Hinweis auf die frühere fehlerhafte Widerrufsbelehrung aufgeklärt und auf diesem Wege eine neue Widerrufsfrist in Gang gesetzt (zu den Anforderungen an eine ord­ nungsgemäße Nachbelehrung vgl. BGH, Beschluss vom 15. Februar 2011 - XI ZR 148/10, Rn. 10 m.w.N.).

3. Das Widerrufsrecht der Kläger war zum Zeitpunkt seiner Ausübung im März 2015 nicht verwirkt. a) Die Verwirkung als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung wegen der illoyal verspäteten Geltendmachung von Rechten setzt neben einem Zeitmoment ein Um­ standsmoment voraus. Ein Recht ist verwirkt, wenn sich der Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beur­ teilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, so dass die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt. Zu dem Zeitablauf müssen besondere, auf dem Verhalten des Be­ rechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der Berechtigte werde sein Recht nicht mehr geltend machen. Ob eine Verwirkung vorliegt, richtet sich letztlich nach den vom Tatrichter festzustellenden und zu würdigenden Umständen des Einzelfalls, ohne dass insofern auf Vermutun­ gen zurückgegriffen werden kann. Zeit- und Umstandsmoment können nicht vonei­ nander unabhängig betrachtet werden, sondern entfalten eine Wechselwirkung. Je länger der Inhaber des Rechts untätig bleibt, desto mehr wird der Gegner in seinem Vertrauen schutzwürdig, das Recht werde nicht mehr ausgeübt werden (vgl. BGH, Urteil vom 10. Oktober 2017- XI ZR 393/16, Rn. 9 m.w.N.). b) Entsprechend der rechtlichen Einordnung des Vertrags als unechte Abschnittsfi­ nanzierung ist für die Frage des Zeit- und Umstandsmoments im Rahmen der Ver­ wirkung auf den Abschluss des ursprünglichen Darlehensvertrags (vgl. BGH, Urteil vom 10. Oktober 2017 -XI ZR 455/16, Rn. 23) abzustellen. Vorliegend mag zwar das Zeitmoment aufgrund der Tatsache, dass zwischen Abschluss der Ursprungsverein­ barung im und der Erklärung des Widerrufes im März 2015 zehn Jahre vergangen sind, gegeben sein, denn der Widerruf erfolgte erst rund zehn Jahre nach Abschluss des Darlehensvertrages, aber noch vor Ablauf der ursprünglichen Zinsbindungsfrist und nur einen Monat nach Abschluss der Anderungsvereinbarung. Indes fehlt es an dem weiter erforderlichen Umstandsmoment Das Landgericht hat bei der Prüfung des Umstandsmoments im Rahmen der Verwirkung den ursprünglichen Darlehens­ vertrag als vollständig abgewickelt angesehen. Es hat dabei rechtsfehlerhaft außer Acht gelassen, dass die Änderungsvereinbarung von Februar 2012 den bestehenden Darlehensvertrag unberührt lässt (vgl. BGH, Urteile vom 28. Mai 2013- XI ZR 6/12, Rn. 23 und vom 23. Januar 2018- XI ZR 359/16, Rn. 20), und zudem der Widerruf noch vor dem Wirksamwerden der neuen Konditionen erfolgte. Während gerade bei beendeten Verbraucherdarlehensverträgen das Vertrauen des Unternehmers auf ein Unterbleiben des Widerrufs schutzwürdig sein kann, auch wenn die von ihm erteilte Widerrufsbelehrung ursprünglich den gesetzlichen Vorschriften nicht entsprach und er es in der Folgezeit versäumt hat, den Verbraucher nachzubelehren (BGH, Urteil vom 11. Oktober 2016 - XI ZR 482/15, Rn. 30), ist der Abschluss einer Anschlussfinanzierungsvereinbarung bei beiderseits noch nicht vollständig erfülltem Darlehens­ vertrag regelmäßig kein die Verwirkung begründendes Umstandsmoment Auch die Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen begründet die Verwirkung nicht, denn allein aufgrund eines laufend vertragstreuen Verhaltens des Verbrauchers kann der Unternehmer ein schutzwürdiges Vertrauen darauf, der Verbraucher werde seine auf Abschluss des Verbraucherdarlehensvertrages gerichtete Willenserklärung nicht widerrufen, nicht bilden (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 2016- XI ZR 564/15, Rn. 39 m.w.N.). Ein besonderes Vertrauen der Beklagten in den Fortbestand des im Zeit­ punkt des Widerrufs noch nicht beendeten Vertrages begründendes, über das bloße vertragsgemäße Verhalten hinausgehendes Verhalten der Kläger ist nicht ersichtlich. Auch in der Gesamtschau führen weder der zeitliche Ablauf (Darlehensbeginn 2005, Änderung im Februar 2012 mit Wirkung ab April 2015, Widerruf im März 2015) noch der Umstand der Änderungsvereinbarung zur Annahme der Verwirkung des Wider­ rufs.

4. Die Ausübung des Widerrufs ist ferner nicht rechtsmissbräuchlich. a) Das Widerrufsrecht ist nach der gesetzgeberischen Intention und der konkreten Ausgestaltung frei von jedem Begründungszwang und daher kann ein Verstoß gegen § 242 BGB nicht daraus hergeleitet werden, der vom Gesetzgeber mit der Einräu­ mung des Widerrufsrechts intendierte Schutzzweck sei für die Ausübung des Wider­ rufsrechts nicht leitend gewesen (vgl. BGH, Urteil vom 9. Januar 2018 - XI ZR 402/16, Rn. 12; BGH, Urteil vom 7. November 2017- XI ZR 369/16, Rn. 16 m.w.N.; BGH, Urteil vom 12. Juni 2016- XR ZR 501/15, Rn. 23 m.w.N.). Mithin steht es der Ausübung des Gestaltungsrechts grundsätzlich auch nicht entgegen, wenn es maß­ geblich auf wirtschaftlichen Überlegungen beruht, wie etwa ein Widerruf in Zeiten niedrigen Zinsniveaus. Daher begründet auch die in Folge eines Widerrufs vorzu­ nehmende Vertragsrückabwicklung unter Berücksichtigung der den Beteiligten wech- selseitig zustehenden Ansprüche keinen Rechtsmissbrauch, sondern ist eine regel­ mäßige gesetzliche Konsequenz des Widerrufs (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 2016- XI ZR 564/15, Rn. 48). Indes können die konkreten Umstände des Einzelfalls im Rahmen der Ausübung des Widerrufs die Rechtsmissbräuchlichkeit begründen, wenn der Verbraucher sein Widerrufsrecht dazu einsetzt, um günstigere Vertragskonditionen zu erwirken (vgl. BGH, Urteil vom 7. November 2017- XI ZR 369/16, Rn. 17 mit Verweis auf BGH, Beschluss vom 14. März 201.7- XI ZR 160/16; BGH, Beschluss vom 11. Juli 2017- XI ZR 366/16). Dies ist nach Auffassung des erkennen­ den Senats insbesondere dann der Fall, wenn das Gestaltungsrecht als Druckmittel gegen den Vertragspartner eingesetzt wird, um Konditionen zu erzielen, auf welche die Vertragspartei, der das Gestaltungsrecht zusteht, keinen Anspruch hat. b) Hier ist kein widersprüchliches Verhalten der Kläger zu erkennen. Vielmehr haben sie mit .Schreiben vom 2. März 2015 den Vertrag eindeutig widerrufen (Anlage K2). Soweit sie dabei im Rahmen der stattzufindenden Abwicklung auch die Unterbreitung einer Anschlussfinanzierung angeregt haben, stellt dies kein als verwerflich zu quali­ fizierendes Druckszenario für die Beklagte dar. Weiter kann entgegen der Ansicht der Beklagten auch in der Loslösung von der Ursprungsvereinbarung aus 2005 trotz Ab­ schlusses der Änderungsvereinbarung in 2012 kein Rechtsmissbrauch erblickt wer­ den, zumal die Fehlerhaftigkeit der ersten Widerrufsbelehrung gerade nicht Gegen­ stand der Änderungsvereinbarung war. Allein die Erwartung der Beklagten, die Ver­ tragslage werde trotz ihrer Fehlerhaftigkeit Bestand haben, begründet nicht den Vor­ wurf des rechtsmissbräuchlichen Verhaltens.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf§ 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufi­ge Vollstreckbarkeit beruht auf§§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

6. Für die. Zulassung der Revision besteht kein Anlass. Die Sache hat keine über die Rechtsanwendung auf den Einzelfall hinausgehende grundsätzliche Bedeutung; we­ der die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtspre­ chung erfordern eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (§ 543 Abs. 2 ZPO). Die maßgeblichen Rechtsfragen sind in der Rechtsprechung außer Streit. Im Übrigen beruht die Entscheidung auf einer Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfal­ les.

7. Die Bemessung des Streitwerts orientiert sich an den Zins- und Tilgungsleistungen bis zum Widerruf (gemäß Schriftsatz der Kläger vom 22. März 2016, BI. 83 f. d.A.).